Geschichte Diözese Podolien

(von Richard Benert)

Das Kirchspiel Nemirow (gegr. 1782)

Dieses Kirchspiel umfaßte das gesamte Gebiet von Podolien, ausgenommen das Kirchspiel Dunajewzy, welches 1864 gegründet wurde. Graf Vinzent Porocki, ein polnischer Adliger und Kronkammerherr, gründete das Kirchspiel Nemirow im Jahr 1782. Eine Kirche wurde 1801 gebaut, aber sie wurde einschließlich des Pfarrhauses und der Schule im Jahre 1811 durch einen Brand zerstört. Dieser Brand zerstörte auch einen Großteil der Stadt. Der Wiederaufbau war schwierig und die Bevölkerung (im wesentlichen Textil- und Lederarbeiter) ging bis auf 65 Einwohner zurück. Selbst der Pastor wohnte zeitweise außerhalb der Stadt. Ein neues Pfarrhaus wurde 1821 gebaut, nachfolgend eine neue Kirche aus Ziegelsteinen im Jahr 1842, mit Unterstützung des Grafen Boleslaw Potocki. Das Kantorat brannte 1870 nieder und wurde 1881 mit Schenkungen vom Grafen Stroganow und der Unterstützungskasse des Konsistoriums wieder aufgebaut.

Im Jahre 1846 wurde in Kamenka (etwa 60 Meilen von Nemirow entfernt) eine Kirche aus Ziegelsteinen gebaut, und zwar von der Familie des im Sterben liegenden Generals Feldmarschall Wittgenstein, der später hier beerdigt wurde. Diese Kirche wurde 1901 von ihrem Schirmherrn Prinz Wittgenstein renoviert.

1905 zählte das Kirchspiel annähernd 2.000 Gemeindemitglieder deutscher Abstammung.

Die Pastoren im Kirchspiel Nemirow

1782 – 1790 S. v. Friedrich CERULI
1790 – 1798 Samuel KARSTADT
1801 – 1818 Johann Christoph RÖSSNER
1819 – 1859 Karl Benjamin BRAUMÜHLER
1859 – 1875 August Heinrich WOLLEYDT
1875 – 1881 Paul Guntbert Christian BAUMANN
1882 – 1885 Adrian SCHULZ
1886 – 1899 Karl Gustav BAUER
1899 – 1910 Alexander BERGENGRÜN
1914 – 1917 Ludwig HAENSCHKE


Evangelische Gemeinden im Kirchspiel Nemirow

Bandyschewka (eine Fabrikstadt)
Banduschewka
Beloje
Bortniki
Brailow
Bratzlaw
Chmelnik
Choschtschewata
Derebtschik
Derebtschin / Chutor Derebtschin (ein Gut)
Dshurin (Pachtkolonie im Ujesd Jampol)
Fedorowka
Jampol Podolski
Kaljatinka
Kamenka (Pachtkolonie im Ujesd Olgopol, mit einer Kirchenschule)
Kapustjani
Komargorod (ein Gut)
Kowalewka
Krasnodol / Krasnodolja (Eigentümerkolonie im Ujesd Jampol mit einer Kapelle und Kirchenschule)
Ladischin
Medshibosh (Militärstation)
Michalewka
Mohilew / Mogilew Podolski
Moina (Pachtkolonie im Ujesd Balta mit einer Kapelle und Kirchenschule)
Nemertschi
Nemirow (im Ujesd Braslaw, mit einer Kirchenschule)
Obuchow
Pissarewka
Proskurow
Sjatkowtzi / Kjatkowtzi
Shmerinka
Sitkowtzi
Sobolewka (Textilarbeiterkolonie)
Sutisk
Trostjanez (Textilarbeiterkolonie)
Tschetschelnik
Tschernewtzi
Tschernjatin
Tultschin
Winniza
Woimowtzi
Wolotschysk (Grenzstadt)
Woronowitza

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Kirchspiel Dunajewzy (gegr. 1864)

Dieses Kirchspiel lag in den Ujesdi von Uschiza und Kamenez. Im frühen 19. Jhdt. siedelten deutsche Handwerker in Dunajewzy, das etwa 20 Meilen von Kamenez entfernt liegt. Sie wurden vom Pastor aus Nemirow betreut. Nach dem polnischen Aufstand im Jahre 1831 warb General-Adjutant Graf Krassinske 35 Textilarbeiter und ihre Familien aus Posen, Brandenburg, Schlesien, Sachsen und Württemberg an, mit dem Versprechen auf eine Kirche und einen eigenen Pastor. Er wurde an seinem Plan gehindert und verkaufte Dunajewzy an den polnischen Adligen Bronislaw Stibinewski. Der Kaufpreis beinhaltete 13.000 Rubel für die Konstruktion einer Kirche und eines Pfarrhauses. Durch das Gesetz dazu gezwungen, den Vertrag einzuhalten, baute Stibinewski die Kirche und wurde ihr Schutzpatron. Nach sieben Jahren Arbeit wurde sie im Jahr 1866 geweiht. Sie hatte 520 Sitzplätze. Per Dekret des Innenministers wurde Dunajewzy gemeinsam mit der benachbarten Stadt Kamenez-Podolsk im Jahre 1864 zu einem unabhängigen Kirchspiel ernannt. 1870 wurde in Dunajewzy ein Pfarrhaus fertiggestellt. Eine steinerne Kirche mit 150 Sitzplätzen wurde im Jahre 1900 in Kamenez-Podolsk gebaut. Insgesamt waren 1904 etwa 1.000 Gemeindemitglieder in diesem Kirchspiel eingepfarrt. Über 900 lebten in Dunajewzy, 150 in Kamenez-Podolsk und etwa 14 in der Stadt Gorodok. Die Kirchenschule des Kirchspieles befand sich in Dunajewzy.

Die Pastoren im Kirchspiel Dunajewzy

1806 – 1818 Johann Christoph RÖSSNER
1830 – 1839 Karl Benjamin BRAUMÜHLER
1852 – 1863 Gustav WINTER
1863 – 1864 vakant (betreut von Pastor WOLLEYDT aus Nemirow)
1864 – 1868 Franz Emil HACKMANN
1868 – 1869 vakant (betreut von Pastor WOLLEYDT)
1869 – 1875 Karl BALSON
1875 – 1881 vakant (betreut von Pastor BAUMANN aus Nemirow)
1882 – 1885 Karl Julius JOHANSEN
1885 – 1887 vakant (betreut von SCHULTZ und BAUER aus Nemirow)
1887 – 1926 Nikolaus Adolf TOMBERG
1926 – 1932 vakant (betreut von dem Organisten Oswald EXNER)


Quellen:
Fast alle Angaben stammen aus "Die Evangelisch-Lutherischen Gemeinden in Russland. Eine historisch-statistische Darstellung", herausgegeben vom Zentralkommitee der Unterstützungskasse der Evangelisch-Lutherischen Kirchen in Russland, (St. Petersburg, 1909), Seiten 225-229. Die Namen der Pastoren nach 1909 wurden entnommen aus "Die evangelisch-lutherische Kirche in Wolhynien" (Marburg, 1992), Seiten 73-74, von Hugo Karl Schmidt.

1) Ergänzungen durch den Übersetzer laut: E.E. Kniaseva: Die lutherischen Kirchen und Gemeinden in der Ukraine im 18.-20. Jahrhundert: Historisches Nachschlagewerk. Band 2. Sankt Petersburg 2003. ISBN 5-89319-064-5 (Originaltitel : Лютеранские церкви и приходы Украине XVIII-XX вв.: исторический справочник)

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